Neu im Kino: X-Men: Dark Phoenix

DF-04714_R2_700Manchmal, wenn man schlechte Nachrichten hat, muss man sich überlegen, wie man diese möglichst schonend jemandem beibringt. X-Men: Dark Phoenix ist wie der dritte Nachschlag vom Lieblingsgericht, wenn man eigentlich schon seit dem ersten Teller satt ist. Wie die Erinnerung an den ersten (und letzten) Kleiner Feigling-Kater in der Jugend. Wie ein Themenabend Alarm für Cobra 11. Sparen wir uns die Gefühlsduselei, ihr müsst jetzt stark sein: X-Men: Dark Phoenix ist leider einfach kein guter Film.

Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten, über Unterhaltungswert auch. Wenn man aber als bekennender Fan des Genres den Kinosaal mit einer gewissen Gleichgültigkeit verlässt, dann spricht dies schon für sich. Dark Phoenix knüpft sehr lose an die Ereignisse in Apokalypse an und widmet sich der Hintergrundgeschichte von Jean Grey (Sophie Turner). Schon als Kind hat Jean ihre telepathischen /telekinetischen Begabungen kaum unter Kontrolle, was zu einem fatalen Unfall führt. Professor Xavier (James McAvoy) nimmt sie in seiner Mutantenschule auf, wo sie mit den anderen jungen X-Men ein scheinbar erfülltes Leben führt. Als Jean bei einer Weltraumrettungsmission mit einer übernatürlichen Kraft in Berührung kommt, gerät ihre eigene Fähigkeit außer Kontrolle und unterdrückte Erinnerungen kommen wieder auf. Gleichzeitig interessiert sich eine andere außerirdische Lebensform, angeführt von „Smith“ (Jessica Chastain), für Jeans Superkraft und droht damit, die Menschheit auszulöschen. Werden die X-Men das Unmögliche schaffen? Ist der Papst katholisch?

Dass die Grundidee des Superheldenfilms, sagen wir, etwas vorhersehbar ist, versteht sich von selbst, aber Dark Phoenix scheint geradezu in einer Plot-Matrix gefangen zu sein. Ein abstürzender Hubschrauber ist nett, zwei vielleicht auch noch, ab dem dritten fragt man sich, ob denn Murmeltiertag ist. Dies gilt auch für Züge. Zudem merkt man, dass hier öfters, ja womöglich zu oft überarbeitet wurde. Magneto (Michael Fassbender) hat eine Art X-Men Odonien gegründet, dessen Bewohner absolut unbekannt bleiben. Quicksilver (Evan Peters) scheint während des Großteils der Handlung spontan verhindert zu sein und auch der Rest der Gang macht mal hier ein bisschen was und bedauert sich mal da ein bisschen, aber so richtig kommt das Vehikel nicht in Fahrt. Jessica Chastains Rolle bleibt im wahrsten Sinne des Wortes blass und Sophie Turners Jean ist einem leider auch egal, weil ihre Story viel zu sehr gerafft wird und, Zitat, „ihre Gefühle nicht ihre Schwäche, sondern ihre Stärke sind“. Gut, dass wir darüber geredet haben.

Generell hat die Dialoghölle ihre Pforten wieder ganz weit geöffnet und bietet scheinschwangere Tiefgründigkeit auf Rosamunde Pilcher-Niveau. Selbst Siri schafft komplexere Konversationen. Sicherlich waren die X-Men nie für ihre philosophischen Diskurse bekannt, aber wenn man jeden angefangenen Satz selbst zu Ende führen kann, dann nervt das auf Dauer und man beginnt, die flachen Gags der Vorgänger wie Zukunft ist Vergangenheit zu vermissen. Außerdem wird deutlich, wie sehr das Charisma von Hugh Jackman als Wolverine fehlt. So ganz wird man das Gefühl nicht los, dass noch einige andere Darsteller ganz schön froh sind, dass ihre Verträge ausgelaufen sind und auch der mehrfach verschobene, und jetzt sehr undankbare Starttermin nach Avengers: Endgame, verstärkt nur noch mehr den Eindruck, dass man hier mit dem Endprodukt auch nicht völlig zufrieden war. Der „Dark Phoenix“ kommt nicht nur nicht so richtig in die Pötte, sondern steigt auch nicht aus der Superhelden-Asche.

USA 2019, Regie: Simon Kinberg, Start: 6. Juni

(Text: Annette Schimmelpfennig, Bild: © 2017 Twentieth Century Fox)

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