Neu im Kino: Wir

UsHitgarant oder Sophomore Slump? Nach Jordan Peeles großartigem Erstlingswerk Get Out möchte man nicht in seiner Haut stecken, denn der Erwartungsdruck ist immens. Aber ist das überhaupt der richtige Jordan Peele, der Wir geschrieben hat oder doch nur sein böser Zwilling? Ist ja letztendlich auch egal, denn wie lehrte uns schon James Bond, man lebt nur zweimal.

Die Wilsons brauchen eine Auszeit, also geht es für Vater Gabe (Winston Duke), Mutter Adelaide (Lupita Nyong‘o) und die Kinder Zora (Shahadi Wright Joseph) und Jason (Evan Alex) zum Ferienhaus in Strandnähe. Aber der Urlaub startet wenig entspannt, denn Adelaide verbindet ein traumatisches Erlebnis aus ihrer Kindheit mit dem Ort und dann sind da auch noch die Tylers (Elizabeth Moss und Tim Heidecker), das aufdringliche Nachbarspaar, das zusätzlich Adelaides Nerven strapaziert. Als dann auch noch der Strom ausfällt, reicht es Adelaide, sie will zurück nach Hause. Doch zur gleichen Zeit tauchen vier Unbekannte in der Einfahrt auf, die das verhindern wollen und den Wilsons dabei auch noch zum Verwechseln ähnlich sehen…

An Wir zeigt sich exemplarisch ein momentanes Problem der Filmindustrie, nämlich Trailer, die wichtige Teile der Handlung spoilern. Zugegebenermaßen gibt bereits der Titel die Richtung vor, in die es geht, man fragt sich aber trotzdem, wie man den Film wahrnehmen würde, wenn man nicht von Anfang an schon wüsste, dass es sich bei den Besuchern eben um alternative Versionen der Wilsons handelt. Dann hat Wir ein großes Problem mit seinem eigenen Tempo. Die erste Hälfte vergeht im Flug, ist spannend, reißt mit. Ab der zweiten Hälfte allerdings geht der Story die Spannungsluft aus. Dass Peele ein Verehrer des Genres ist, merkt man an den zahlreichen Anspielungen. Da sitzen Hitchcocks Vögel am Strand, weiße Kaninchen säumen das albtraumhafte Tunnelwunderland und für Hobbypsychoanalytiker gibt es Doppelgänger en masse. Man möchte Peele sagen, dass er all diese Staffage gar nicht nötig hat und sie viel zu sehr vom eigentlichen Plot ablenkt. Dementsprechend bauen die vielen Verweise Erwartungen auf, die ein einziger Film gar nicht erfüllen kann und Ernüchterung ist vorprogrammiert. Dies macht Wir nicht zu einem schlechten Film, im Vergleich zum durchweg spannendem Vorgänger allerdings ist er jedoch eindeutig schwächer. Positiv zu erwähnen ist der extrem gute Cast, allen voran die exzellente (und vor allem angsteinflößende) Lupita Nyong’o und das Geschwisterduo aus der Hölle, Shahadi Wright Joseph und Evan Alex. Auch der Erzählansatz (Identitätsfindung, PTSD) ist absolut interessant, verliert sich dann aber in der gewollten Symbolhaftigkeit. Nächstes Mal wieder back to basics, dann hält die Spannung auch bis zum Schluss.

USA 2019, Regie: Jordan Peele, Start: 21.März

(Text: Annette Schimmelpfennig, Bild: Universal Pictures)

Kommentare sind geschlossen.