Neu im Kino & Verlosung: Captain Fantastic – Einmal Wildnis und zurück

CFday25-580.jpgCaptain Fantastic ist, so sei schon mal gesagt, ein sehr bunter, erfrischender und vielschichtiger Klecks in dem überwiegenden Einheitsbrei des sommerlichen Kinos. Und damit zu den cineastischen Highlights zu zählen.

Wir lernen darin die Familie Cash kennen, eine Art intellektuelle, lebensreformerische Survivalversion der Kelly Family, die sich abgeschieden in Wäldern des Nord-Westen der USA niedergelassen hat. Sie leben gewissermaßen einen Mix aus verschiedenen Lebensreformstilen: Einerseits geht es darum, autark und im Einklang mit der Natur zu leben, dazu gehören auch die Jagd und der Anbau von Nahrung, aber andererseits auch in dem von Vater Ben (Viggo Mortensen) angeleiteten Trainigseinheiten um das Erlernen körperlicher und mentaler Fähigkeiten sowie insbesondere auch um eine geistige alternative Schulung. So liest man nur philosophische, geschichts- und naturwissenschaftliche Werke – und versucht, sie zu verstehen. Am abendlichen Feuer wird die Lektüre dann für alle erklärt, es wird diskutiert und – für Vater Ben besonders wichtig – die eigene Meinung vertreten. Dabei geht es um Themen wie etwa den Maoismus, den Faschismus (man merkt: Die Gesellschaftsflucht geschah in den 70ern) oder die String-Theorie. Den Cash-Eltern geht es somit besonders darum, ihre Kids zum eigenständigen Denken zu erziehen. Übrigens auch fernab der amerikanischen, christlich geprägten Lebensweise: So kennen die Kinder auch kein Weihnachten, man feiert stattdessen Noam Chomskys Geburtstag.

Auf den ersten Blick wirkt diese Gemeinschaft harmonisch, doch das gerät zunehmend ins Wanken, als Mutter Leslie (Trin Miller), die aufgrund ihrer bipolaren Störung vorübergehend in einer Klinik behandelt wird, Selbstmord begeht. Das verstärkt auch die ohnehin latente Unzufriedenheit und Wut des pubertären Rellian (Nicholas Hamilton) gegen seinen Vater. Und auch die Großeltern, die Eltern von Mutter Leslie, haben ein sehr großes Problem mit ihrem Hippie-Schwiegersohn. Die Abneigung von Opa Jack (Frank Langella) geht so weit, dass er Ben verbietet, an der Beerdigung teilzunehmen. Doch Vater Ben und die sechs Kinder wollen da natürlich dabei sein und damit beginnt der Trip der Cash-Family in die moderne Gesellschaft.

Bei dieser Fahrt wird schnell klar: Zwar kann keiner der Familie intellektuell das Wasser reichen, aber mit den modernen amerikanischen „Errungenschaften“ technischer Art oder in Sitten und Verhaltensweisen finden sie sich nicht zurecht. Auch Produkte wie Cola oder Hotdogs sind den Kindern völlig fremd. Darunter leidet dann vor allem der älteste Sohn Bo (George Mackay), der nun erstmals mit einem Mädchen in Kontakt kommt, aber im Umgang völlig unbeholfen ist. Bo erkennt, ihm nützt alles Intellektuelle und Wissen nichts (heimlich hat er sich bei allen Elite-Unis der USA beworben und ist überall angenommen worden), wenn er im einfachen Umgang nicht zurechtkommt. Diese Reise, die das Gros des Films ausmacht, verläuft somit alles andere als glatt und bietet eine Menge Konfliktpotenzial. Auch der Familienzusammenhalt wird auf die Probe gestellt; nicht zuletzt auch, weil die superreichen Großeltern planen, ihre Enkel zu sich zu nehmen.

Captain Fantastic ist trotz dieser thematischen Vielschichtigkeit, der Zwistigkeiten eine Komödie bzw. Tragikomödie mit intellektuellem Unterbau. Die Komik besteht vordergründig in dem Aufeinandertreffen der Familie mit der Moderne. Aber sie liegt auch, mit einer Note der Lächerlichkeit, in dem Spiegel, der dabei der Gesellschaft vorgehalten wird. Viele Überzeugungen und Lebensweisen der Cashs sind sehr sympathisch, aber es wird im Verlauf des Films auch mal wieder deutlich, dass selbst die redlichsten Ideale mindestens zwei Seiten haben, und ab einen bestimmten Grad an Radikalität auch destruktiv wirken können. Das Maß zu halten, bleibt die Herausforderung. Wie anfänglich bereits angesprochen, ist Captain Fantastic somit ein Knaller: klug, emotional, gesellschaftskritisch auf sehr humorvolle Weise und obschon dieser doch gewichtigen Grundthemen atmosphärisch positiv und heiter.

USA 2016, Regie: Matt Ross, Kinostart: 18. August

(Text: Madeleine Owoko, Bild: Universum Film)

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