Buchtipp: Jo Nesbø – Macbeth

Macbeth von Jo Nesbo„Blut fordert Blut“ ahnt der spätere Schottenkönig Macbeth in Akt drei, Szene vier von Shakespeares ikonischer, gleichnamiger Tragödie und lässt sich von seiner Lady in ein intrigantes Machtspiel verwickeln. Ebenfalls mit Blut kennt sich Jo In Nesbø aus. Der norwegische Krimiautor, hierzulande vor allem für seine Harry Hole-Reihe bekannt, wurde vom Hogarth Shakespeare-Projekt mit einer Neuinterpretation beauftragt und so viel sei verraten, in Sachen Mord und Totschlag steht dieser dem großen britischen Barden in keinerlei Hinsicht nach.

In Nesbøs Neuerzählung ist für Shakespeare-Kenner vieles wiedererkennbar und doch so einiges neu. Als Setting dient die fiktive, dystopische Stadt Fife irgendwann in den 1970er Jahren. Macbeth ist ein Ex-Junkie und Polizeiinspektor, seine Lady leitet ein Casino und die drei prophetischen Hexen, in der deutschen Übersetzung „unheimliche Schwestern“, sind hier Lehrerinnen der Nacht, also ein skurriles Prostituiertengespann. Duncan, im Original der König von Schottland, ist nun Polizeichef und muss sich mit den Norse Riders, einer drogendealenden Bikergang rumschlagen. Wie auch in der Vorlage, ist Lady von Machtgier besessen und stiftet Macbeth zum Königsmord an, damit dieser Duncans Platz einnehmen kann. Doch dies soll nicht Macbeths einziger Mord bleiben…

Letztendlich liefert Nesbø das, was man von ihm erwartet, einen soliden Hardboiled-Thriller. Der Genrewechsel funktioniert bestens, was natürlich auch an der Thematik der Vorlage liegt. Das Schöne an der Hogarth-Reihe ist, dass ein Vorwissen unnötig ist, wir behaupten aber, dass Nesbøs Version noch mehr Spaß macht, wenn man zumindest mit der Grundhandlung vertraut ist. Ein bisschen Kritik gibt es dann aber doch. Durch die Inszenierung von Macbeth als „hardboiled bad cop“ ergeben sich reichlich Klischees, die Nesbø auch alle munter abarbeitet. Der gebrochene, vom Leben gezeichnete und von einer femme fatale verführte Mann, die exotischen Huren, der permanente Regen, die Drogen, die Gewalt – Frank Miller gefällt das. Auch sprachlich kräuseln sich ab und zu die Zehennägel: „Sie war die Königin. Und ihr Diener erhob sich gehorsam unter dem Seidenstoff.“ Das ist Erotik Post-Shakespeare. Hat man das aber erst einmal verarbeitet, bleibt genug spannender „Stoff“ für die ersten Herbstabende.

(Verlag: Penguin)

Autorin: Annette Schimmelpfennig

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