Buchtipp: Bela B. Felsenheimer – Scharnow

Scharnow von Bela B FelsenheimerPunk ist nicht tot, Punk schreibt dir jetzt deine Gute-Nacht-Geschichten. Die Ärzte-Schlagzeuger Bela B. legt sein literarisches Debüt über die Bewohner eines fiktiven Brandenburger Dorfes vor und die Diagnose ist positiv. Ein bisschen Pulp Fiction, ein Hauch Heimatroman, das Kuriositätenkabinett des fabelhaften Herrn Felsenheimer hat durchgängig geöffnet und der Besuch lohnt sich.

Allein sechs Seiten umfasst das Personenverzeichnis und nicht weniger umfangreich sind die einzelnen Handlungsstränge. Daraus ergibt sich dann auch das einzige Manko, man merkt schnell, dass Felsenheimer ursprünglich eine Kurzgeschichtensammlung im Sinn hatte, die dann zu einem Roman zusammengeschustert wurde. Dementsprechend schnell verliert man den Überblick, wer denn jetzt noch einmal was mit wem zutun hatte, aber das ist bei Shakespeare ja nicht anders. Kleiner Scherz, schließlich gibt’s bei Shakespeare auch keine fliegenden Männer oder mordende Bücher. Neben allerlei fantasievoller Skurrilität gibt es dann aber auch jene, die man (nicht nur) der Brandenburger Provinz zutraut. In Scharnow gibt es unter anderem einen Bund skeptischer Bürger und einen immer stark alkoholisierten Pakt der Glücklichen, der syrische Flüchtling Hamid verliebt sich in Manga-Fan Nami und Rex Gildo lebt als Warteschleifenmusik weiter. Wir lernen etwas über Seelenparkplätze, den Jungen, achja, und ein schwules Eichhörnchenpaar gibt es auch noch. Alle sind auf unterschiedlichste Art und Weise miteinander verbunden, es gibt aberwitzige und traurige Episoden und am Ende hat man das Gefühl, in der Lindenstraße eines Parallelluniversums gelandet zu sein.

Scharnow ist kein Kandidat für prestigeträchtige Literaturpreise und das ist das Schöne an der ganzen Sache. Der Unterhaltungsfaktor ist hoch, der Anspruch ist niedrig, was will man mehr. Dass der Autor Spaß an seinem Werk hatte, was man auch wirklich jeder einzelnen Seite entnehmen kann, wird dem gemeinen Feuilleton suspekt vorkommen, aber zwischen den Fitzeks und Ferrantes muss auch Platz für einen Felsenheimer sein. Ideale leichte Kost für zwischendurch, die nicht nur Ärzte-Fans gefallen wird.

(Verlag: Heyne)

Autorin: Annette Schimmelpfennig

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