Das Bewerbungsgespräch

Früher oder später schlägt für jeden die Stunde der Wahrheit bzw. des Vorstellungsgesprächs. Unweigerlich entsteht eine Drucksituation, schließlich gibt es nicht bloß einen Bewerber auf jede freie Stelle. Ob ihr nun einen Nebenjob sucht, euch um ein wichtiges Praktikum bemüht oder nach dem Abschluss ins Berufsleben einsteigt: am Anfang steht das Bewerbungsgespräch. Was dabei auf euch zukommt, haben wir mit Hilfe von Profis für euch zusammen gestellt. Teil I des großen Bewerbungs-Specials:

Ein Vorstellungsgespräch ist kein Zuckerschlecken, und eine gewisse Nervosität sollte nicht bloß jedem zugestanden sein, sondern kann in gewissen Fällen auch vor schlechter Vorbereitung oder Überheblichkeit und Sorglosigkeit schützen. Da ein Bewerber aber in der Regel nicht bloß ein Gespräch in seinem Leben führen muss, sondern diese wichtigen Interviews den Kern der Jobsuche darstellen, solltet ihr optimal eingestellt sein. Wie? Das verraten uns die Experten.

Wie bereite ich mich vor?
Ihr habt es also geschafft, euer Anschreiben war gut und erfolgreich, ihr wurdet zum Gesprächstermin gebeten. Selbstverständlich dürft ihr diese große Chance nicht auf die leichte Schulter nehmen: um zu bestehen, ist Vorbereitung wichtig.

Wirkliches Interesse an der Stelle solltet ihr nicht einfach nur bekunden, es muss spürbar werden. Deshalb ist es vernünftig, sich mit der jeweiligen Firma bzw. dem Betrieb auseinanderzusetzen. Sammelt die verfügbaren Infos und legt diese zu euren übrigen Unterlagen, zu denen nicht nur „banales“ wie die Wegbeschreibung für den Termin, sondern auch die von euch eingereichten Bewerbungsunterlagen und ausreichend Notizblätter gehören. Relevante Infos wären bspw. die Geschäftsfelder der Firma, die Anzahl an Angestellten, die Marktsituation, die Standorte oder Markenzeichen. Euer Gegenüber wird es zu schätzen wissen, wenn ihr die Entwicklung des Unternehmens im Auge habt.

Damit ist es aber nicht getan, wie Stephan Hansen (www.bewerbungstraining24.de) weiß: „Natürlich gibt es die üblichen Wege zur Vorbereitung, wie Homepage des Unternehmens, Internetportale zur Firmenzufriedenheit, etc. Der beste Weg ist allerdings – gerade bei Einstiegspositionen und/oder höherwertigen Stellen – sich über seine persönlichen Stärken und Schwächen bewusst zu werden. Dies kann man nur durch Übung, d.h. praktische Erfahrung erreichen. Belastbarkeit und Gelassenheit bei unangenehmen Fragen sind hier sehr wichtig.“

Die Stärken und Schwächen eines Bewerbers sind für Personalchefs von zentraler Bedeutung: was könnt ihr für die Firma einbringen, wo liegen eure Talente, wo seht ihr Probleme? Hinzu kommen noch weitere Fragen, die quasi zum Standard eines Interviews zählen: was erwartet ihr selber von der Arbeit, die auf euch zukommen kann? Was waren eure Beweggründe für die Bewerbung, warum gerade dieses Unternehmen, warum diese vorangegangene Studienwahl? Ihr solltet euren bisherigen Werdegang gut beschreiben können, dazu zählen also universitäre Leistungen, frühere Jobs, Erfolge und Misserfolge, und natürlich auch eure Zielvorstellungen für die Zukunft. „Lücken oder Unklarheiten im Lebenslauf werden in der Regel erkannt und angesprochen; dafür sollte man passende Erklärungen haben“, so der Hinweis von Diplom-Psychologin Florentine Sellier vom Beratungsinstitut Köln. Zu jeder Station eures Lebenslaufs solltet ihr erläutern können, weshalb ihr was gemacht habt. Ein Recht auf ehrliche Antworten hat der Chef solange es um die Arbeitsstelle geht. Unzulässig sind bspw. Fragen nach religiösem Glauben, Parteienzugehörigkeit oder Kinderwunsch.

Andersherum werdet auch ihr die Gelegenheit bekommen, Fragen zu stellen. Das geschieht nicht bloß aus reiner Fairness, sondern ebenso, um eure Mentalität, euer Potential und euer Interesse an der Stelle herauszukitzeln. Für euch also auch eine gute Chance, die ihr nutzen solltet. Beispielsweise könnt ihr in diesen Situationen Fragen nach Arbeitsabläufen, Mitarbeitern, Weiterbildungsmöglichkeiten oder dem Arbeitsplatz an sich stellen.

Wie hinterlasse ich einen guten Eindruck?
Nun kommt der große Augenblick, das Gespräch selbst. Ganz ohne Nervosität geht es wohl nie, aber denkt ruhig daran, dass allein die Einladung schon ein gutes Zeichen ist, weil nicht selbstverständlich. Und euer Gegenüber weiß natürlich, wie ihr euch fühlen müsst, will euch kennen lernen. Für euch geht es in dieser Situation darum, authentisch zu sein und gleichzeitig einen guten Eindruck zu vermitteln. Pünktlichkeit ist dabei nur die Basis. „Treten Sie natürlich und locker auf und erlegen Sie sich keinen Rollenzwang auf, ziehen Sie keine ‚Schau‘ ab, versuchen sie nicht, mit Gewalt besonders gut zu sein“, weiß Bewerbungscoach Dr. Eva-Maria Siegel (Siegel Training).

Entscheidend ist u.a. das Reden: es reicht selbstverständlich nicht aus, Fragen mit einem einsilbigen „ja“ oder „nein“ zu beantworten, ihr müsst eure Ausführungen begründen und aus euch heraus kommen. „Begrüßen Sie Ihren Gesprächspartner mit Namen und sprechen Sie ihn auch mehrmals im Gespräch mit Namen an. Halten Sie Blickkontakt mit allen Ihren Gesprächspartnern“, so die Expertin. Dass ihr nicht zu leise und unverständlich sprechen dürft, versteht sich von selbst, wie auch ein ausgeschaltetes Handy. Eurem Gegenüber solltet ihr gut zuhören können, nicht aus Aufregung gedanklich abdriften. Ein gut gewähltes Kopfnicken kann dies signalisieren, wie auch ein Lächeln Höflichkeit transportiert. So etwas kann man im Vorfeld trainieren.

Auch auf ein korrektes Outfit kommt es an, es sollte zum Unternehmen passen. „Eine gepflegte Erscheinung beim Vorstellungsgespräch ist unbedingt notwendig. Dabei ist aber durchaus zu beachten, bei welcher Art von Unternehmen und für welche Position Sie sich bewerben. Bei einem Gespräch als Nachwuchsführungskraft oder z.B. in einer Bank ist ein Anzug bei Männern bzw. Kostüm/Hosenanzug bei einer Frau die beste Wahl. Findet Ihr Gespräch als zukünftiger Art Director bei einem Medienunternehmen statt, können Sie es durchaus etwas ‚lässiger‘ angehen“, rät Nicole Hoffmann vom Personal Office Köln.

Ebenfalls wichtig ist die Körpersprache, die Sonja I. Chinwuba von Karriere2 folgendermaßen bewertet: „Wir wissen aus der Wahrnehmungs- und Kommunikationspsychologie, dass unser Auftreten, unsere Körperhaltung und unsere Stimme eine sehr entscheidende Rolle spielen, wenn wir überzeugen wollen. Das heißt nicht, dass der Inhalt dessen, was Sie zu sagen haben, unwichtig wäre, und es ist kein Freibrief dafür, diesen zu vernachlässigen. Sagen wir es so: Die passende Körpersprache sowie Stimme verstärken und unterstützen die Wirkung Ihrer Kommunikation immens“.

Viele Berufsanfänger interessiert besonders die Frage nach dem Gehalt: ist es verpönt, dieses Thema selber anzusprechen? Dazu Sonja I. Chinwuba: „Wir würden Ihnen eher davon abraten, das Gehalt von sich aus anzusprechen. Wenn man Interesse an Ihrer Person hat, wird man ggf. gegen Ende des ersten Gesprächs (oder ggf. auch erst in einem Zweitgespräch) von Unternehmensseite darauf zu sprechen kommen.“

Wie verhalte ich mich hinterher?
Nach dem Bewerbungsgespräch beginnt das bange Warten, und ihr fragt euch natürlich, wie es weitergeht, wie eure Chancen sind und überhaupt wie alles verlief. Nur wann darf man beginnen, beim Personalchef nachzufragen? Florentine Sellier gibt folgenden Tipp: „Am Ende des Gesprächs sollte man unbedingt das weitere Vorgehen erfragen: wann meldet sich das Unternehmen, bis wann wird eine Entscheidung gefällt? Falls dieses Datum ohne Feedback verstrichen ist, kann man nachhaken. Wenn kein Datum genannt wurde, darf man nach ca. 10-14 Tagen nachfragen. Direkt nach dem Vorstellungsgespräch kann man auch eine kurze Mail schreiben, sich noch einmal für das Gespräch bedanken und kurz betonen, dass man die Stelle gerne hätte“.

(Foto: photocase.com / zazou)

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