Spaniens Antwort auf Berlin: Vier Tage in Madrid

Der Königspalast

Der Königspalast

Erst vor vier Monaten haben wir für euch aus Barcelona berichtet. Der nimmermüde SLIK-Reise-Express dampft weiter, nächster Halt: Madrid! Der direkte Vergleich der spanischen Metropolen also. Wie das Kräftemessen ausgegangen ist? Lest doch einfach mal selbst.

Hinkommen:

Für uns fiel die Wahl auf den Billigflieger Ryanair. Und billig ist da nun mal das Motto. Billige
Preise, unteurer Service. Bei zweieinhalb Stunden Flug aber absolut machbar. Vom Flughafen
Barajas gibt es Fahrt in die Stadt kostet 30 Euro und ist also im Vergleich zu deutschen
Verhältnissen preiswert. Und nach dem Flug spart man sich eine Portion Stress. Wie ihr das
Fahrtgeld an anderer Stelle rausholt, erklären wir euch später.

Unterkommen:

Innerhalb von Madrid ist vieles zu Fuß erreichbar, besondere Viertel zu empfehlen, fällt da schwer,
da im Stadtinneren jede Ecke seine Vorzüge hat. Unsere Unterkunft lag im Tapas-Viertel La Latina:
hippe Gegend, sehr belebt und mit einem Haufen Möglichkeiten für Nachtleben, Kultur und Gastro.
Die dortigen L&H Apartments haben witzigerweise an dem Tag eröffnet, als wir gelandet sind.
Jungfräuliche vier Wände also, die uns durchweg begeistert haben:

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Die Apartments von innen

Zu zweit hat man nicht nur ein ruhiges Plätzchen mitten im Stadtleben, sondern auch eine
Kochnische, Wifi, Fernsehen plus Radio sowie einen hohen Standard was Komfort, Sauberkeit und
Service angeht. Frühstück auf dem eigenen Balkon hat natürlich was, mit Blick über die Dächer von
Madrid. Natürlich gibt es auch größere Apartments für Gruppen, und die allesamt bezahlbar.
Weitere Ableger hat L&H an den Knotenpunkten Plaza Mayor und Plaza Santa Ana (dazu später).

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Aussicht aus dem L&H Apartment

Anschauen:

Selbstredend gehört Madrid zu den wichtigsten Metropolen Europas, das bringt man als spanische
Hauptstadt ganz automatisch mit. Interessanterweise gibt es hier trotzdem nicht die Hotspots, die
jedes kleine Kind kennt. Rom hat sei Colosseum, London die Tower Bridge, Paris den Eiffelturm –
und bei Madrid kommt man ins Grübeln. Nach einer Weile fällt der Groschen, klar, der
Königspalast. Aber man merkt sofort, dass es sich nur um eine Verlegenheitsnennung handeln kann.
Denn wer weiß schon, wie das Dingen aussieht, bevor man selber davor steht?

Nichtsdestotrotz, zum Palast muss man hingehen. Er liegt schön nah im Westen und damit ohnehin
auf einer praktischen Route für den ersten Tag. Als erstes fällt eine enorme Schlange auf, alles
Menschen, die reinwollen. Touri-Alltag eben, besonders abends, wenn der Eintritt frei ist. Aber
auch von außen lässt sich ja ganz bequem Euromonarchie-Luft schnuppern.

Nach dem Abstecher beim König könnt ihr ganz locker weiter nördlich laufen und habt nach
wenigen Minuten weitere Highlights: mehrere kleine Gärten sowie den Tempel von Debod, der extra
aus Ägypten importiert wurde. Hier gibt es die Möglichkeit, auf die Stadt runterzublicken, jedoch
müssen wir spoilern: Eine beeindruckende Aussicht wie in Barcelona (Park Güell) oder Paris
(Sacré-Coeur) gibt’s hier nicht.

El Rastro: Der Name hat einen brutalen Hintergrund, bedeutet es doch „Spur“ und bezieht sich auf
das Blut des geschlachteten Viehs, das zum Markt gezogen wurde. Heute geht es dort ziviler zu,
man kann sagen: Ein ganzes Viertel wird zum Flohmarkt. Es geht auf uns ab, von einer Gasse ins
nächste Gässchen, und auch schon auf dem Weg dorthin überall privater Flohmarkt auf dem
Bürgersteig und ein Antiquitäten- und Vintage-Händler nach dem anderen. Natürlich ist hier auch
der Touri gefragt, etliche Stände bieten den typischen Souvenir-Nippes an. Aber eben nicht nur, wer
Zeit mitbringt, kann einen Qualitäts-Schnapper schießen. Es kann allerdings an einigen Stellen zu
sehr zähfließendem Verkehr kommen. Jeden Sonntag ist El Rastro der Magnet für alles, was in
Madrid rumläuft. Sollte man gesehen haben.

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Ein Viertel, ein Flohmarkt: El Rastro

Der Mensch besteht zu 80% aus Wasser, Madrid besteht zu 80% aus Plätzen. Okay, mag eine
unwissenschaftliche sowie übertriebene Behauptung sein, aber vom Gefühl her haut’s hin. Überall
bietet die Stadt Orte zum Verweilen, und das wertet die Optik natürlich auf. Die eben erwähnten
Plaza Mayor und Plaza Santa Ana gehören zu den bekanntesten. Während der Plaza Mayor das
Majestätische, Erhabene hat, bietet Santa Ana das pure Leben. Hier punktet Madrid enorm.
Wer einen Schlüsselanhänger sucht, wird beim Stöbern ständig auf einen Bären treffen, der an
einem Erdbeerbaum steht. Das sorgt erst für Verwirrung, bis man kapiert, dass es sich um das
Stadtwappen von Madrid handelt. Und eben dieses ist in einem Monument verewigt, das ihr auf der
Puerto del Sol findet. Nicht besonders groß, dafür von umso mehr Reisenden belagert, man will ja
schließlich ein Foto von sich mit dem Motiv im Hintergrund. Und dann fällt einem ja direkt wieder
ein, dass man das Ding schon mal gesehen hat, nämlich auf dem Vereinswappen von Atletico
Madrid. Oder eben auch nicht, je nach Fußballaffinität.

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Plaza Mayor

Kultur wird in Madrid nicht nur groß geschrieben, sondern auch mit einem Ausrufezeichen davor
und dahinter. Hier fällt der Groschen ein zweites Mal: klar, Prado, das weltbekannte Museum. Und
wer dachte, dass die Schlange vorm Palast lang ist, der bekommt nun einen Einblick in tatsächliche
Länge. Ein kleiner Kampf mit sich selbst, seiner Geduld und eingeplanter Reisezeit beginnt, erst
recht sonntags und montags abends, wenn hier der Eintritt frei ist.

Den Stress haben wir uns nicht angetan, sondern haben uns für das Museo Nacional Centro de Arte
Reina Sofía entschieden. Auch hier geht es gratis hinein, und zwar sonntags von 13:30 bis 19 Uhr.
Der Andrang ist deutlich geringer, und das, obwohl es eine Menge zu Salvador Dalí und Oscar
Dominguez gibt, letzterer gilt unter Hobby-Kunstexperten ja eh als der bessere Dalí. Oh, und
natürlich stehen auch etliche Picassos dort. Auch das nicht nur durch seine immense Größe
beeindruckende Guernica, das uns immer wieder einen Anlass gibt, uns über den spanischen
Bürgerkrieg zu informieren, der deutsche Schülern meist vorenthalten wird.

Neben der Kunst hat dieses Museum jedoch noch ein weiteres Highlight zu bieten: einen
wunderschönen Garten. Und wie es sich für einen ungewöhnlichen Garten gehört, findet man
diesen im ersten Stock. Hier zeigt sich Madrid von seiner allerbesten Seite, eine unschlagbare Ruhe,
ein Gefühl der Harmonie erklimmt einen. Schläfchen gefällig?

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Ein Park im Museum

„El Retiro“ bedeutet Zuflucht. Und es ist der Name für einen der Parks Europas. Glaubt ihr nicht?
Haben wir anfangs auch nicht. Aber tatsächlich hat der ungefähr eineinhalb Quadratkilometer
fassende Park die unterschiedlichsten Ecken, die – es klingt bescheuert, aber isso – für jeden etwas
bieten. Erst noch die pompösen Alleen, wie man sie von so ziemlich jeder Euro-Hauptstadt kennt,
aber dann die knuffigen Bäume, der Paddel-See, den Zauberwald und natürlich den Kristallpalast.
Ja, wir droppen einfach ungeordnete Schlagwörter, mit denen ihr vielleicht noch nicht viel anfangen
könnt. Aber wenn ihr selber dort seid, wird alles Sinn machen. Und berichtet uns bitte mal, ob der
alte Mann mit dem Akkordeon immer noch stundenlang Chariots Of Fire spielt.

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Fürs Auge, für alle: El Retiro

Ausgehen:

Es wird nicht sehr überraschen, wenn wir erwähnen, dass man in Madrid fast überall toll essen
kann. Klar, es gibt auch fettige Ranz- und ranzige Fettbuden, aber wer die Augen auch nur halb
aufmacht, sieht tolle Restaurants und Tapas-Bars. Apropos Tapas: Unweit vom Plaza Mayor ist das
Meson del Champiñon. Die Karte besteht aus 6 oder 7 „Gerichten“, alle stilecht mit Bildern (wir
sind mitten im Touri-Epizentrum). Aber worauf es ankommt, ist ja nun mal die Qualität. Also bitte,
geht da hin. Und bestellt die Champignons, die jeden Suff abfedern ob ihres Fettgehalts, aber
unfassbar gut schmecken. Und bestellt die dicken Oliven, und die Kroketten. Und trinkt Bier dazu.
Dann findet man auch den „Pianisten“ witzig, der 80s-Schinken dilettiert.

Wir könnten hundert weitere Essens-Hotspots in diesem Segment auflisten, aber mit Tapas kommt
ihr fast überall auf eure Kosten. Zwei Tipps haben wir zudem noch für euch. Wer extremen Hunger
hat und nicht viel Geld in der Kasse, sollte ins Malpica. Hier gibt es ein Mittagsmenü für 12 Euro,
was im Prinzip daraus besteht, dass euch die ganze Zeit Teller hingestellt werden, bis ihr platzt und
auf die Frage nach Dessert nur mit dem Kopf schütteln könnt – obwohl es ja im Preis inbegriffen
war. Oh, und wer Burger mag, sollte zu Goiko Grill. Die haben gleich 9 Filialen in Madrid, das
klingt erst mal gar nicht so special und geil. Aber dann beißt ihr in den Burger und seid zufrieden.
Versprochen.

Das Nachtleben ist in Madrid ein Komplex für sich. Clubs und Kneipen gibt es etliche, Feierwille
ist an jeder Ecke vorhanden. Besonders in Malasaña und Chueca, hier reiht sich eine Location an
die andere. Eine Kostprobe gefällig? Okay, dann berichten wir euch vom Tupperware, das die
Spanier so aussprechen, als würde es hinten mit „very“ geschrieben. Der Schuppen setzt in Sachen
Deko auf Dioramas, zudem laufen auf dem riesigen Fernseher alte Folgen der „Munsters“. Die
Musik ist so, wie man sich Spanien in Sachen Nightlife vorstellt: Indie ist längst nicht tot, auch
wenn nur die alten Sachen gespielt werden. Als wäre man im Rose Club und der Kalender zeigt das
Jahr 2010 an. Dazwischen ziehen sich die Spanier ja noch immer wieder Psycho- und Rockabilly
rein. Insgesamt geschmackssicher.

Bewerten:

In der Frage „Madrid oder Barcelona“ scheiden sich die Geister. Der eine sagt so, die andere sagt
so. Für uns hat die katalanische Stadt die Nase vorn. Barcelona hat eben das Meer, die Palmen, die
Altstadt, das Internationalere. Madrid ist – und jetzt erklärt sich auch die Überschrift – das Berlin
Spaniens. Alles ist groß, besonders die Dimensionen. Alles hält ein hohes Level – aber der Funke
springt nicht so recht über. Es gibt nicht den Ort in Madrid, auch wenn gerade Retiro beeindruckend
ist. Dennoch, Madrid steht für konstante, solide Qualität. Und dann kann ja auch was Gutes sein.

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