Neu im Kino & Verlosung: Suffragette

230414SH_30666_700„Suffragette“ ist – wenn überhaupt bekannt – nach wie vor eine eher negativ konnotierte Bezeichnung. Ursprünglich war dies im Großbritannien des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts eine kämpferische Selbstbenennung derjenigen Frauenrechtlerinnen, die mit Versammlungen, Flugblättern, Petitionen, auch Demonstrationen sowie schließlich mit militanten Aktionen vor allem das allgemeine Frauenwahlrecht einforderten. Gleichzeitig war es ein Schmähbegriff der Presse sowie anderer Frauenwahlrechtsgegner. Auch auf deren Wirken ist die allmähliche Pejoration des Ausdrucks zurückzuführen.

Die Suffragettenbewegung wurde zuvörderst von (reichen) bürgerlichen Frauen getragen. Sie hatten dafür sowohl die Zeit als auch die finanziellen Mittel. Deutlich weniger Arbeiterinnen waren darunter, da diese im Gegensatz zu den bürgerlichen Frauen bereits eine andere Art von Überlebenskampf führten: Sie arbeiteten bis zu 14 Stunden etwa in Fabriken, mussten dazu noch ihre Kinder versorgen und den Haushalt führen. Ein Frauenwahlrecht lag dementsprechend und im Hinblick auf den Pauperismus, die sexuellen Übergriffe und schlechten Bedingungen am Arbeitsplatz, die Unterbezahlung bei selber Arbeit (wie sie auch Männer durchführten), sowie der katastrophalen Gesundheits- und Wohnzustände weit von diesen Realitäten entfernt. Den meisten Arbeiterinnen ging es in erster Linie um verbesserte Arbeitskonditionen und um Lohngleichheit.

Der Film „Suffragette – Taten statt Worte“ nimmt nicht die Hauptaktivistinnen, die historische Leitfiguren der Suffragettenbewegung, etwa deren Anführerin Emmeline Pankhurst (Meryl Streep), in den Blick. Diese hat nur kurze Auftritte. Es geht hier quasi um die unbekannte Streiterin. Demgemäß ist die Hauptfigur fiktiv, aber eingebettet in reale Bedingungen und Geschehnisse, wie sie sich zeitgenössisch zugetragen haben. Es geht um Maud Watts (Carey Mulligan), eine junge Mutter und Arbeiterin, die tagein, tagaus mit ihrem Mann Sonny (Ben Whishaw) in einer Wäscherei schuftet. Geführt wird diese von Norman Taylor (Geoff Bell), der sich besonders darin gefällt, Frauen und Kinder zu drangsalieren.

Eigentlich auf einen Botengang geschickt, wird Maud zufällig Zeugin, wie Suffragetten die Fensterscheiben eines Ladens einwerfen. Darunter erkennt sie eine Arbeiterin, Violett Miller (Anne-Marie Duff), aus ihrer Wäscherei. Die Polizei nimmt auch die Beobachterin Maud als Verdächtige fest und unterzieht sie einem Verhör. Bereits zu diesem Zeitpunkt erfährt sie selbst willkürliche Polizeigewalt. Und wird in Folge ihrer Verhaftung fortan vom Inspector Arthur Steed (Brendan Gleeson) ins Visier genommen. Anfänglich der Suffragettenbewegung noch eher ablehnend eingestellt, wird Maud unter anderen durch die Gespräche mit Violett sowie ihrer Freundschaft zur Suffragette und Apothekerin Edith Ellyn (Helena Bonham Carter), die sie über Violett kennen lernt, und nicht zuletzt durch die eigenen Ohnmachtserfahrungen für die Bewegung sensiblisiert und allmählich selbst zu einer Suffragette. Das hat harte Konsequenzen in allen Lebensbereichen: für ihre Arbeit, das Familienleben und das Ansehen. Sie wird zur unerwünschten Person allerorts. Das führt wiederum dazu, dass Maud sich schließlich auch militanten Aktionen anschließt. Denn alle Petitionen bewirkten nichts, nun zählen „Taten statt Worte“.

Viele dieser rabiateren Aktionen, die physische Gewalt, aber auch Aktionen des zivilen Ungehorsams würden heute keinen derartigen Wirbel erzeugen; damals aber waren sie ein unerhörter Skandal, insbesondere, weil sie vom sogenannten „schwachen Geschlecht“ durchgeführt worden sind. Die Frauen, die sich dafür entschlossen, taten dies in dem Bewusstsein, alles zu verlieren, notfalls auch ihr Leben. Ja, für ein Wahlrecht … So macht es im Kontext dieses Films Sinn, sich mal wieder zu vergegenwärtigen, dass weltweit Menschen für Grundrechte, etwa für ein Wahlrecht, bereit waren/sind, Demütigungen, Strafen jeglicher Art in Kauf zu nehmen und ihr Leben zu geben, ob nun, wie in diesem Fall in Großbritannien des frühen 20. Jahrhunderts, oder in Südafrika, Südamerika, den USA, im Grunde auf allen Kontinenten. Der Umstand, dass unter anderen auch hierzulande gerne die unkritische Philister-, Wutbürger-, Töpelhaltung, nämlich aus Protest, Ignoranz und/oder Faulheit nicht wählen zu gehen und sich damit noch zu rühmen, recht verbreitet ist, offenbart mal wieder die anscheinend verdümmlichenden Folgen einer Übersättigung an Wohlstand und Privilegien.

Zurück zum Film und zu einem Fazit: „Suffragette“ zeichnet sehr anschaulich die zeitgenössischen Bedingungen nach. Das ist oft sehr bedrückend, und das zähe Ringen der Figuren um einen Fortschritt und deren überwiegende Ohnmacht spiegeln sich (gewollt oder ungewollt) auch atmosphärisch die meiste Zeit wider. Teilweise wird man da regelrecht ungeduldig. Schade ist zudem, dass Meryl Streep nur kurze Auftritte hat. Die Stärken des Films liegen vor allem in der historischen Schilderung und Themensensibilisierung, die aber, so sei noch gesagt, vom üblichen ereignishaschenden Unterhaltungsschema abweicht.

UK 2015, Regie: Sarah Gavron, Kinostart: 4.2.

(Text: Madeleine Owoko, Bild: Concorde Filmverleih GmbH)

GEWINNEN: SLIK verlost zum Filmstart 2 Freikarten sowie 2 Poster. Schreibt uns bis zum 06.02. eine nette E-Mail mit dem Betreff “Suffragette” an gewinnen@slik-magazin.de. Wir drücken euch die Daumen, viel Glück!

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