Neu im Kino: The Accountant

The AccountantBuchhaltung ist elendig trocken und Buchhalter die Langeweile in Person? Auf Christian Wolff (Ben Affleck) trifft das nur bedingt zu. Denn dass er überhaupt ein nahezu normales Leben führen kann, ist höchst beachtlich: Seit frühester Kindheit leidet Wolff an einer starken Ausprägung des Asperger-Syndroms und ist dennoch mittlerweile Chef seiner eigenen Firma. Aber das ist noch längst nicht alles.

Nach außen hin fällt Wolff kaum auf. Als extremer Einzelgänger meidet er den Kontakt zur anderen Personen soweit wie möglich – aber vor allem ist er ein unschlagbares Mathematikgenie. Hinter den Kulissen verkehrt er deshalb mit den kriminellsten Gangsterbossen weltweit und schleust für sie gegen hohe Bezahlung jede Menge Geld an den Finanzbehörden vorbei. Sein einziger Kontakt ist dabei eine Mitarbeiterin, mit der er ausschließlich telefonischen Kontakt hält und die sämtliche Aufträge sowie alles was dazu gehört für ihn organisiert. Sollte es doch einmal brenzlig werden, könnte er sich direkt mit seinem Oversize-Wohnwagen Marke Airstream aus dem Staub machen – oder doch persönlich Hand an seine Verfolger anlegen, gestählt durch jahrelanges Training ist Wolff eine wahre Kampfmaschine.

Da ihm die Steuerfahndung unter der Leitung von Ray King (J.K. Simmons) auf der Spur ist, will es Wolff diesmal seriöser angehen und übernimmt einen Buchprüfungsjob bei einem namhaften Robotik-Hersteller. Dort hat die talentierte Buchhalterin Dana Cummings (Anna Kendrick) einen Fehlbetrag in Millionenhöhe gefunden und Wolff soll herausfinden, worum es sich dabei genau handelt. Eine Leichtigkeit für ein Mathegenius wie ihn – allerdings hat er die Konsequenzen nicht bedacht. Denn als die Lösung bekannt wird, müssen nicht nur innerhalb kurzer Zeit zwei Mitglieder des Vorstands mit ihrem Leben bezahlen. Sogar Wolff kann nur in höchster Not einem Mordanschlag entgehen – und sieht sich plötzlich widerstrebend verantwortlich für das ebenfalls bedrohte Leben von Dana Cummings, für die er mittlerweile so etwas wie Freundschaft empfindet. Also bleibt ihm keine andere Wahl, als einen actionreichen Rachefeldzug zu starten, mit dem er seine Verfolger zur Strecke bringen und den Drahtzieher dieser tödlichen Verschwörung aufspüren muss.

Grundsätzlich eine interessante Kombination: Ein psychisch schwer gestörter Junge baut als Erwachsener eine Scheinexistenz auf, um damit seine illegalen Machenschaften zu verstecken. Dass „The Accountant“ von Regisseur Gavin O’Connor letztlich doch nicht richtig zündet, hat mehrere Ursachen. Denn zum Einen wirkt die Ermittlung der Steuerfahndung immer wieder wie ein Fremdkörper, der noch irgendwie zur eigentlichen Handlung dazu gestrickt wurde. Die Anbindung an die Hauptstory fehlt über weite Abschnitte, dazu kommen Logiklöcher und ein oft sehr simpel gehaltener Ermittlungsplot, der die Zuschauer mehrfach lediglich vor vollendete Tatsachen stellt und mögliche Fragen nach Gründen nicht zufriedenstellend beantwortet. Zum Anderen vermittelt die Verfolgungsjagd zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass der Protagonist in der Tat in Gefahr geraten könnte. Zu dominant wirkt er in seiner Darstellung als Kampfmaschine, die für alle Eventualitäten gewappnet ist und die Schritte seiner Gegner schon im Vorfeld erahnt.

Und so bleibt insgesamt ein Film, der zwar viele interessante Ansätze bringt und durch ein wenig trockenen Humor punkten kann – es letztlich aber doch nicht schafft, die guten Ansätze so zu vereinen, dass ein wirklich spannendes und homogenes Gesamtwerk entsteht.

USA 2016, Regie: Gavin O’Connor, Start: 20.10.

(Text: Steffen Rieger, Bild: Warner Bros. Pictures)

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