Neu im Kino: Sully

usp-01126rv3New York, 15. Januar 2009: Kurz nach dem Start vom New Yorker Flughafen La Guardia gerät die mit 155 Personen besetzte Passagiermaschine von Kapitän Chesley „Sully“ Sullenberger in einen Vogelschwarm. Beide Triebwerke werden zerstört, eine sichere Rückkehr nicht mehr möglich und ein Absturz kurz bevorstehend. Da kommt dem Kapitän die rettende letzte Idee: Eine Wasserlandung auf dem nahe gelegenen Hudson River.

Und die waghalsige Aktion gelingt: Alle Passagiere sowie die Besatzung können trotz eisiger Temperaturen ohne größere Verletzungen in Sicherheit gebracht werden. Während Medien und Öffentlichkeit Sully in der in der Folgezeit als großen Volksheld hochstilisieren, sieht die Luftfahrtbehörde NTSB die Situation etwas anders. Getrieben vom Drang, einen Schuldigen für dieses Unglück ausfindig zu machen, finden sich Sullenberger, gespielt von Tom Hanks, und sein Co-Kapitän Jeff Skiles (Aaron Eckhart) schnell vor einem Untersuchungsausschuss wieder – und der hat erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Aussagen der Kapitäne, schließlich sind sie der Ansicht, die Maschine hätte es sehr wohl zurück nach La Guardia schaffen oder alternativ nach New Jersey ausweichen können.

Fortan entwickelt sich der Film in zwei Richtungen. Während auf der einen Seite der Konflikt und die verbalen Schlagabtausche zwischen den Kapitänen und der vor allem auf Computersimulationen vertrauenden NTSB bis zur finalen Verhandlung in den Vordergrund drängen, wird das Unglück auf der anderen Seite durch verschiedene Sichtweisen beleuchtet. Mal sieht man die Ereignisse aus der Sicht der Kapitäne, mal durch die Augen der Besatzung, mal durch die Geschichte ausgewählter Passagiere. Das Rettungsszenario, obwohl ohne überzogene Effekthascherei erzählt, entwickelt dabei eine ganz eigene Dramatik, während die Passagiere auf dem eisigen Hudson River auf ihre schnelle Rettung hoffen.

Es passt irgendwie in das Gesamtbild der Filme, bei denen Clint Eastwood in den letzten 20 Jahren als Darsteller oder Regisseur seine Finger im Spiel hatte. Im Fokus sind amerikanische Helden (oder diejenigen, die sich gerne als solche fühlen würden), oft schon etwas in die Jahre gekommen und nie ohne ein wenig typisch amerikanisches Pathos. In „Sully“ wird passenderweiser mehrfach bewusst, wenn auch unterschwellig, die Referenz zu 9/11 gezogen und mit Chesley Sullenberger ein ganz normaler US-Bürger als Held wider Willen in Szene gesetzt. Das gelingt Eastwood als Gesamtwerk allerdings in der Tat überzeugend – erste Stimmen fordern mittlerweile bereits eine Oscar-Nominierung für Tom Hanks als bester Hauptdarsteller. Eine schlechte Entscheidung wäre das sicher nicht, spielt Hanks doch die Figur des von seinen Gefühlen zerrissenen Kapitän „Sully“ Sullenberger absolut souverän. In einem Film, der die Geschichte zwar effektvoll und spannend erzählt, aber abseits von latent beschworenen Emotionen auf störende übertriebene Tragik verzichtet.

USA 2016, Regie: Clint Eastwood, Kinostart: 01.12.2016

(Text: Steffen Rieger, Bild: Keith Bernstein/Warner Bros.)

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