Neu im Kino: Get Out

Get Out„Intelligenter Horror“ ist auch so ein schlimmer Ausdruck, bei dem man sich fragt, ob denn der Rest des Genres mittlerweile so dämlich ist, dass „dummer Horror“ gar nicht erst erwähnt werden muss. Im Fall von Get Out sei dieser Zusatz diesmal verziehen, denn er verbindet ziemlich schlau das Prinzip der Gesellschaftssatire mit Schockelementen und spielt mit einer alten Erkenntnis: Antrittsbesuche bei den Schwiegereltern sind der Horror.

Nach fünf Monaten Beziehung will Rose Armitage (Allison Williams), weiß und aus der Upper Class, ihren Eltern (Bradley Whitford und Catherine Keener) endlich ihren Freund Chris (Daniel Kaluuya) vorstellen. Der ist schwarz und Diskriminierung von Weißen so sehr gewohnt, dass er keine großen Erwartungen an Roses Familie hat. Kaum im eindrucksvollen Familienanwesen angekommen, geht es auch schon los: Vater Armitage ist so bemüht tolerant, dass es Chris und Rose unangenehm ist. Mutter Missy ist eine übereifrige Hypnosetherapeutin und Bruder Jeremy (Caleb Landry Jones) ist ein pöbelnder Alkoholiker. Aber nicht nur die Armitages sind seltsam, auch ihre beiden schwarzen Angestellten Walter (Marcus Henderson) und Georgina (Betty Gabriel) sind irgendwie ganz anders als man es erwarten würde. Chris forscht nach und macht eine grausige Entdeckung.

Genau genommen besteht der Horror in Get Out nicht in Splattereffekten, sondern in seiner Realitätsnähe. Da alles aus der Sicht von Chris gezeigt wird, ist bereits die Polizeikontrolle auf der Hinfahrt dermaßen unangenehm, dass die Anspannung bis zum Schluss nicht nachlässt. Den Fremdscham, den die Armitages mit ihrem nur leicht überspielten Rassismus auslösen, verfolgt einen auch noch nach Verlassen des Kinosaals, von der Gartenparty aus der Hölle ganz zu Schweigen. Comedian Jordan Peele legt somit ein Regiedebüt vor, dass trotz einiger witziger Momente nachdenklich stimmt und erfreulicherweise alle Erwartungen des Publikums im besten Sinne enttäuscht.

USA 2017, Regie: Jordan Peele, Start: 4.5.

(Text: Annette Schimmelpfennig, Bild: Universal Pictures)

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