Neu auf DVD: Werk ohne Autor

nullAmerikanische Preisverleihungen hin oder her: Was das Genre Historienfilme anbelangt, gehören deutsche Produktionen zu den besten überhaupt, und das erst recht, wenn es um die eigene Geschichte geht. Werk ohne Autor bestätigt das erneut.

Es werden darin Lebensabschnitte und Entwicklungsphasen eines Malers porträtiert, die von der Kindheit in der NS-Zeit, über die Jugendzeit und ersten Schritte als junger Künstler in der DDR, bis zur Herausbildung eines spezifischen Malstils in den 1960ern in der BRD reichen. Der Film lehnt sich dabei an reale Personen und Umstände an, so allen voran an den Werdegang des Malers Gerhard Richter, der davon allerdings alles andere als begeistert sein soll.

Die 30er Jahre in Dresden: Der kleine Kurt Barnert (Cai Cohrs) wird von seiner geliebten Tante Elisabeth (Saskia Rosendahl) in seiner Kunstaffinität gefördert, auch nationalsozialistischer Kunstzensur zum Trotz. Aus Elisabeth tritt aber immer mehr eine Verzweiflung und Verwirrung hervor, die eugenischer Bevölkerungspolitik entsprechend alsbald eine psychiatrische Zwangseinweisung zur Folge hat. Kurt ist erschüttert von dem Anblick und dem Umgang mit seiner Tante. Doch bleibt es nicht nur dabei. Von der darauffolgenden Zwangssterilisierung und dem letzten Schritt, der sogenannten Euthanasie, bekommt er allerdings nichts mit.

Verordnet wurde dies vom Gynäkologen Carl Seeband (Sebastian Koch), der Typus eines vollends indoktrinierten, selbstgefälligen Arztes par excellence, für den die Ethik des hippokratischen Eids wohl gleichbedeutend mit der Schwäche der alten Zeit ist. Genau diesem Arzt wird dann der erwachsene Kurt (Tom Schilling) Jahre später in der DDR begegnen, wo dieser als „Humanist“ und als „Vorbild der Mitglieder seiner Zunft“ gefeiert wird. Seeband wird Teil seines Lebens werden. In Kurt, der sich mittlerweile als Maler des Sozialistischen Realismus einen Namen macht, entsteht eine Ahnung.

Werk ohne Autor überzeugt nicht nur mit der Handlung und dem Spitzencast (u. a. Paula Beer, Lars Eidinger, Ben Becker, Jonas Dassel, Ina Weisse), sondern auch darin, dass er den zeitgeschichtlichen Umständen ausführlich und gründlich Raum gibt. Das ist ebenso spannend anzusehen wie die biografischen Aspekte und die Herausbildung eines Malerprofils; so etwa die Zeit an der Düsseldorfer Kunstakademie, als Kurt dem Kunstprofessor Antonius van Verten (Oliver Masucci) – eine Figur, die Joseph Beuys entspricht – begegnet. Und dies alles bedingt auch eine längere Spielzeit von drei Stunden. Ein achtsamer cineastischer Blick und eine entschleunigte Darstellung sind, wie bei Epen wie Die andere Heimat oder Die geliebten Schwestern, aber eben auch etwas, für das man sich sehr gerne Zeit nimmt.

D 2018, Disney Deutschland, VÖ: 4. April 2019

(Text: Madeleine Owoko, Bild: c018 BUENA VISTA INTERNATIONAL)

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