Mandys London-Tagebuch Teil II: Klischee und Wirklichkeit…

Hallo liebe Slik! – Leser,
auch heute möchte ich gerne wieder mein Leben in London mit euch teilen. Dieses Mal geht es um Klischees über England. Wir kennen sie doch alle, auf der Insel regnet es eh immer, alle Briten sind höflich und zuvorkommend, die englische Küche ist die schlechteste der Welt…

Aber was ist wirklich dran? Stimmen diese Stereotypen oder sind es tatsächlich bloß Klischees? Wir entsprechen ja schließlich auch nicht dem Bild des ‚typisch‘ Deutschen. Ich jedenfalls trage nicht ständig Dirndl oder Lederhosen, esse den ganzen Tag Weißwurst und Sauerkraut und gehe zum Lachen in den Keller – ebenso wenig wie die meisten anderen Deutschen. Na klar, ich kann nur einen Blick auf die britische Kultur durch meine eigenen Augen wiedergeben; aber dennoch werde ich versuchen, die Klischees einmal so objektiv wie möglich unter die Lupe zu nehmen.

Das Wetter
Gleich zu Anfang muss ich eingestehen: es stimmt – es regnet oft in England! Der Regenschirm ist hier mein bester Freund. Anfangs habe ich ihn doch glatt das ein oder andere Mal zu Hause liegen gelassen und dem optimistischem Wetterbericht Glauben geschenkt. Was war ich doch naiv. Mittlerweile habe ich einfach immer einen Schirm in der Tasche. Mehr als einmal war ich bereits sehr dankbar dafür. Wenn sich der ein oder andere Leser nun denkt, im Notfalle gibt es doch überall mal schnell Ersatz zu kaufen: dem sei gesagt, dass dies vom Straßenhändler bis zum Supermarkt ein teurer Spaß ist. Regenschirme sind hier in London extrem teuer und irgendwie schleicht sich das Gefühl ein, dass die Preise bei Dauerregen sogar plötzlich noch steigen.

Das Essen
Auch hier muss ich leider gestehen, dass das Vorurteil größtenteils stimmt – jedenfalls für meinen Gaumen. Steak und Nierenpastete sind irgendwie nicht wirklich mein Fall, und das labberige Weißbrot ist auf Dauer auch mehr Qual als Genuss. Mittlerweile kann man natürlich Spezialitäten ebenso wie Alltägliches aus aller Welt jedenfalls in London kaufen, aber das hat natürlich seinen Preis.

Auch englisches Bier kann gut sein (wer hat nicht schon mal ein Guinness im Pub um die Ecke genossen?) – allerdings fehlt dem eingefleischten deutschen Biertrinker dann doch relativ schnell die Schaumkrone auf dem kühlen Blonden und der reine Geschmack des chemiefreien Gerstensaftes. Kein Wunder also, dass die ganze Welt deutsches Bier importiert – hat leider dann auch seinen Preis. Aber genug gemeckert. Die britische Küche ist zwar im Großen und Ganzen nicht mein Fall, allerdings gibt es Ausnahmen. Fish and Chips schmecken halt einfach am Besten in England, und auch bin ich auf den Geschmack von Essig und Salz (salt & vinegar) auf meinen Fritten gekommen. Wirklich sehr zu empfehlen und definitiv mal was anderes als Pommes rot-weiß. In diesem Sinne: bon appétit!

Der Modell-Brite
Wir kennen es doch alle, das Bild des ‚typischen‘ britischen Gentleman. Charmant, kultiviert, stets höflich und zuvorkommend. Nicht nur hält er der Dame die Tür auf, geleitet sie sicher und trocken über eine Pfütze hinweg und bietet souverän und nonchalant Feuer an, wenn man es benötigt – nein, auch weiß er mit Charme und Wortwitz die Massen zu begeistern. Und die Teatime ist dem Briten natürlich so oder so heilig. Doch halt mal. Wie genau passt da eigentlich der ständig betrunkene, laute Engländer vom Ballermann in dieses Bild? Was genau stimmt denn nun? Und warum sind eigentlich nicht alle Britinnen wie die Queen? Oder etwa doch? In der Realität hält der Brite zwar einer Dame die Tür auf, jedoch rennt er sie auch gerne mal im nächsten Moment über den Haufen, um sich den letzten freien Platz in der U-Bahn zu sichern. Die Teatime wird außerhalb des königlichen Hauses auch nur noch selten eingehalten. Stattdessen zelebriert man das Feierabendbier hier ausgiebig. Auch während Geschäftsterminen wird gut und gerne Alkohol getrunken. Nie sollte man dabei den Fehler machen, mit einem Briten mithalten zu wollen. Man läuft sonst Gefahr, danach nicht mehr weiter arbeiten zu können. Das Bild der modebewussten Engländerin wird leider auch von Miniröcken und High-Heels abgetreten. Britinnen trotzen Wind und Wetter und scheinen irgendwie kein Kälteempfinden zu besitzen. Ein Mäntelchen über dem Mini tut es schon. Auch hier sollte die wetterempfindliche Dame nicht versuchen, mitzuhalten – sonst droht noch eine Nierenentzündung. Dieses Klischee ist also ebenso wie das des Lederhosen tragenden Deutschen längst überholt. Vereinzelt sicherlich zu finden, aber weit ab vom Alltäglichen.

In a nutshell
Letztlich lässt sich nur eins sagen:  wie überall auf der Welt gibt es Stereotypen, die stimmen. Und eben auch solche, die nicht ferner von der Realität entfernt sein könnten. Man sollte sich wohl immer vor Augen halten, dass die Welt auch klischeehaft auf Deutschland schaut und wir eben auch nicht alle sind, wie man es erwartet. Ebenso wenig sind die Engländer alle über einen Kamm zu scheren. Wenn man also ohne jede Erwartung in dieses Land kommt, wird man sich sicherlich in dem ein oder anderem Gedanken über die Kultur bestätigt fühlen – aber ebenso wird man positiv oder negativ von anderen Facetten überrascht werden. Lässt man sich also, möglichst vorurteilsfrei, auf die englische Kultur ein, kann man einiges lernen und vor allem viel Freude haben.

Die besten Grüße von der Themse und bis zum nächsten Mal,
wünscht euch eure Mandy!

(SLIK-Autorin Mandy Singh studiert im fünften Semester Mehrsprachige Kommunikation und absolviert derzeit ein Praktikum bei einer kleinen PR-Agentur in London! Für euch führt sie ihr Tagebuch aus Englands Metropole!)

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