Buchtipp: Szczepan Twardoch – Morphin

roBerlin_Broschur_Twardoch_LEX_Mattf_LT_3.inddAls Leutnant Konstanty Willemann in sein Warschau zurückkehrt, ist die Stadt zerbombt und unter deutscher Besatzung. Es ist Herbst im Jahre 1939. Was Recht und Unrecht, Gut und Böse ist, scheint aus heutiger Sicht klar. Doch die Welt, in die Willemann zurückkehrt, ist komplexer als ein Schwarz-Weiß-Bild der Besatzungszeit. Willemann ist ein Dandy, der seine Freiheit liebt und gerne mit der jüdischen Edelprostituierten Salomé im Morphinrausch verbringt. Er liebt die Cafés und das Stadtleben und kann einen guten Wein von einem schlechten unterscheiden. Ein Bonvivant.

Sein unstetes Leben hat jedoch auch einen familiären Ruhepol mit seiner Ehefrau und dem geliebten Sohn. Wir erleben Willemann zwischen diesen Extremen auf der Suche nach einer neuen Dosis Morphin, die weiß Gott gerade dringender von den Schwerverletzten in der Stadt benötigt wird.

Szczepan Twardoch erzählt keinen Heldenkitsch, sondern wie eine aus der Dekadenz geworfene Warschauer Gesellschaft sich im Sex- und Drogenrausch über den Verlust hinwegzutrösten versucht. Das geht in Morphin nur solange keine Bedrohung des Heiligsten besteht, der Familie. Um die zu schützen schließt sich Willemann, der väterlicherseits Deutscher ist, schließlich dem Wiederstand an. Mit der Uniform seines Vaters getarnt beginnt eine rasante Reise durch Warschau auf der Suche nach der eigenen Identität.

Szczepan Twardoch feiert mit Morphin seinen literarischen Durchbruch, nicht nur in Polen. Zu Recht!

(Text: Maximilian Burk, Verlag: Rowohlt)

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