Ausbildung? Studium? Beides!

Standet ihr nach dem Abi vor der großen Wahl: Studium oder Ausbildung? Allem Anschein nach habt ihr euch für Ersteres entschieden, aber doch ärgert es euch, dass an der Hochschule zu wenig Praxisnähe herrscht? Tatsächlich ist es gar keine Entweder-oder-Situation, denn ein duales Studium bringt euch das Beste von beiden Seiten.

Stellt man die beiden Wege Ausbildung und Studium gegenüber, finden sich für beide Vor- und Nachteile. Die Ausbildung bietet einen schnellen Berufseinstieg und ist praxisorientiert, jedoch qualifiziert sie nicht in dem Maße, wie es die Hochschule schafft. Dafür ist das Studium langwieriger und für die Meisten nur mit Mühe zu finanzieren. Tatsächlich gibt es die Möglichkeit, ein Hochschulstudium mit Praktika und Auslandseinsätzen sowie einer Jobgarantie nach dem Abschluss zu absolvieren: das duale Studium.

Was ist ein duales Studium?
Das Wörtchen „dual“ verrät es schon: bei dieser Ausbildungsform geht ihr zwei Wege gleichzeitig, Theorie (wissenschaftliche Lehre der Hochschule) und Praxis (frühe Erfahrung innerhalb eines Betriebs) wechseln sich ab. Im Normalfall schließt der Student einen Ausbildungsvertrag mit einem Unternehmen ab und studiert parallel an einer Fachhochschule oder Berufsakademie. Das bedeutet, dass in regelmäßigen Perioden Veranstaltungen der Hochschule besucht werden, andererseits der Student auch mehrere Betätigungsfelder im Betrieb durchläuft und kennen lernt, da er sich verpflichtet, in der studienfreien Zeit im Unternehmen zu arbeiten. So bekommt der praktische Anteil der gesamten Ausbildung ein größeres Gewicht. Insbesondere in den Fachrichtungen Ingenieurwissenschaften, Wirtschaftswissenschaften, Informatik und im Sozialwesen werden duale Studiengänge angeboten, jedoch kommen laufend neue Felder hinzu.

Das Unternehmen übernimmt hierbei nicht bloß oftmals die vollen Studiengebühren (soweit die jeweilige Hochschule diese erhebt), sondern zahlt zudem eine Ausbildungsvergütung. Diese bezieht sich im Regelfall auch auf die Phasen der theoretischen Ausbildung in den Hörsälen, und sie kann mit Fortlaufen der Ausbildungszeit ansteigen. Handelt es sich nicht um einen anerkannten Ausbildungsberuf, so regelt ein jeweiliger Vertrag das Einkommen während des Studiums. Die Höhe variiert von Stelle zu Stelle, jedoch kann man generell von einer höheren Vergütung sprechen als bei „gewöhnlichen“ Ausbildungsverhältnissen. Zusätzlich sollte erwähnt werden, dass die Studienbedingungen an Berufsakademien meist vorteilhafter sind als an den Hochschulen, da dort Ausstattung und Einrichtung hochwertiger und die Studierendengruppen kleiner sind.

Prinzipiell gibt es eine Vielzahl von verschiedenen Konzepten eines dualen Studiums, was daher rührt, dass Bildung primär Ländersache ist und sich somit unterschiedliche Formen entwickeln. Letztlich entscheidet auch die Hochschule über Art und Ausprägung des Studiengangs. In vielen Fällen bestehen Kooperationsverträge zwischen den Hochschulen und den Anbietern der praktischen Ausbildung, durch die der organisatorische Teil des Studiums geregelt wird.

Die Laufzeit eines dualen Studiums ist nicht einheitlich, so kann es bspw. bereits in sechs Semestern abgeschlossen sein oder erst in zehn. Auch das Ausmaß der jeweiligen Praxisperioden divergiert: es ist nicht unüblich, dass die Anfangsphase des Studiums mehr auf die Praxis eingeht, während der Theorieteil gegen Ende hin zunimmt. So oder so besteht stets die Parallelität beider Ausbildungsstränge.

Da der Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf gemacht werden kann, kommt es oft vor, dass während des Grundstudiums die Prüfung vor der IHK oder Handwerkskammer abgelegt wird. In anderen Fällen spricht man von einem praxisintegrierenden Studiengang, der nicht zwangsweise mit einem Berufsabschluss kombiniert ist. In den meisten Fällen erlangt der Student schließlich den Bachelor, welcher rechtlich an einer Hochschule wie an einer Berufsakademie gleichgestellt ist – allerdings kann für den weiteren Weg Richtung Master oder Promotion der BA der Berufsakademie Probleme bei der Anerkennung verursachen. Darum ist es von Vorteil, dies bereits im Vorfeld mit der jeweiligen Hochschule abzuklären.

Wo liegen die Vorteile?
Trotz der durchaus verlockend klingenden Ausgangslage, dass ein duales Studium Praxis und Theorie organisiert verbindet, gibt es neben den Vorteilen dieser Ausbildungsform auch Nachteile, die prinzipiell untrennbar miteinander verbunden sind.

Dadurch, dass die Berufsausbildung mit dem Studium kombiniert wird, spart der Student natürlich Zeit, und das theoretisch Erlernte kann im Unternehmen direkt umgesetzt werden. Dies bedeutet jedoch auch, dass Semesterferien wegfallen und durch deutlich weniger Urlaubstage ersetzt werden und der Arbeitsplan straffer ist, da sowohl im Hörsaal als auch im Betrieb Leistung abverlangt wird. Außerdem bedingt ein höherer Praxisanteil eine geringere wissenschaftliche Tiefe und weniger Forschungsbezug.

Die Ausbildungsvergütung seitens des Unternehmens gibt eine finanzielle Sicherheit während des Studiums, gleichzeitig aber entsteht ein Abhängigkeitsverhältnis zum Unternehmen, welches schließlich einen beachtlichen Betrag in die Ausbildung investiert. Die Weichen für den weiteren Werdegang sind stärker gestellt als in einem „gewöhnlichen“ Studium, da der Start ins Berufsleben durch den Vertrag mit dem jeweiligen Unternehmen fixiert ist. Teilweise werden Übernahmeregelungen für die Zeit nach dem Studium bereits im Vorfeld abgeschlossen. Für Umorientierung bietet das Modell folglich weniger Spielraum. Dafür besteht die gute Aussicht auf eine direkte Übernahme, in dem Fall ist man sofort mit den Arbeitsabläufen vertraut und spart erneut Zeit für die Einarbeitung. Auch für die Unternehmen stellt sich dies als positiv dar, da sie mit sowohl jüngeren als auch erfahreneren und integrierten Absolventen ihre Stellen besetzen können. Zudem nehmen sie Einfluss auf die Lehre. Der Vorteil an dem dualen Studienmodell für die Hochschulen liegt darin, dass diese mit konstanten Zulaufzahlen an Studenten rechnen können.

Um folglich die Vorteile des dualen Studiums nutzen zu können, muss der Student den Anforderungen gerecht werden können, die das Ausbildunsgkonzept stellt. Die hohe Anzahl an Stunden sowie die fehlenden Ferien erfordern eine gewisse Belastbarkeit, aber auch Flexibilität ist geboten: Hochschule und Betrieb befinden sich nicht zwingend am selben Ort, man sollte mobil sein. Demnach ist eine gesunde Zielstrebigkeit mehr als nur förderlich für die duale Ausbildung.

Wie bewirbt man sich?
Die Bewerbung für ein duales Studium beginnt in der Regel beim Betrieb selbst, daraufhin wird man im Erfolgsfall bei der Hochschule vorstellig. Daher musst zuerst der Abschluss des Vertrags mit dem ausbildenden Unternehmen gemeistert werden, der die Aufnahme an der Hochschule oder Berufsakademie ermöglicht.

Viele Unternehmen suchen aus eigener Kraft nach Bewerbern, jedoch ist auch hier Initiative nützlich. Wer ein bestimmtes Unternehmen im Auge hat, sollte sich also informieren, ob dort duale Studienkonzepte angeboten werden. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, kann sich eine Anfrage dennoch lohnen, da diese eventuell für den Betrieb den Anstoß darstellt, derlei Angebote zu entwickeln. Eine Aufstellung der Kooperationspartner lässt sich aber auch bei der anvisierten Bildungseinrichtung einsehen.

Die Anforderungen an die Bewerber sind von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich, jedoch sollte man darauf gefasst sein, ein straffes Verfahren durchlaufen zu müssen, etwa durch Assessment-Center oder anspruchsvolle Aufgabenstellungen. Dass die Messlatte so hoch gelegt wird, ist verständlich: die Anzahl der Bewerber beträgt ein Vielfaches der zu vergebenen Plätze, und die Investitionen der Betriebe sind erheblich, da diese schließlich auf der Suche nach langfristigen Verstärkungen sind.

Wo finde ich weitere Informationen?
Wenn ihr mehr über das duale Studium erfahren möchtet, so empfehlen wir euch die Website des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB), welche viele Informationen zum Thema bereit hält.

(Foto: aboutpixel.de / qba-libre)

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