Auf dem Weg zum Doktortitel

Wer sich – wie die meisten von euch – in den Anfangsphasen des Studiums oder mittendrin befindet, hat natürlich Semster für Semester genügend zu tun, inner- und außerhalb der Hörsäle. Der Bildungsstreik verdeutlicht, dass es schwer genug ist, das eigentliche Studium zu mastern. Nichtsdestotrotz denken wir heute schon einen Schritt weiter und bereiten euch auf das vor, was nach dem Abschluss steht. Und diejenigen, die kurz vorm Ende stehen, bekommen ebenfalls Tipps, wie sie ihre Promotion angehen können.

Warum Promovieren?
Das Studium an sich ist schon kein Zuckerschlecken, einen akademischen Grad erhält niemand im Handumdrehen. Da zudem auch nicht alle Studienfächer besonders praxisnah sind, juckt es sicherlich Einigen in den Fingern, nach dem Abschluss direkt ins Berufsleben einzusteigen. Wozu also nochmal Jahre investieren, sich einem einzigen Thema tiefestgehend annehmen und seine Promotion verfassen? Diese Frage stellen sich jedes Jahr unzählige Alumni, und aus gutem Grunde finden sie auch eine Antwort.

Mit einer Dissertation wird einerseits eure wissenschaftliche Kompetenz einer Prüfung auf hohem Niveau unterzogen, andererseits ist sie ein Forschungsbeitrag, der die Wissenschaft bereichern soll – das gewählte Thema ist schließlich bisher noch nicht oder nur unzureichend untersucht worden. Dementsprechend können wir von zwei unterschiedlichen Antrieben sprechen: zum einen lässt euch die wissenschaftliche Denkweise nicht los, die Materie bewegt euch dazu, sie zu analysieren oder zu bearbeiten. Zum anderen ist es aber auch zu bemerken, dass heutzutage in vielen Berufszweigen eine Promotion nicht nur förderlich, sondern ebenfalls erforderlich ist. Ohne Doktortitel also keine steile Karriere. Außerdem betrachtet unsere Gesellschaft mittlerweile die Promotion verstärkt aus dem ökonomischen Blickwinkel: der Nutzen der Dissertation für die Forschung rückt ins zweite Glied, relevanter ist die Frage, was sie finanziell für den Einzelnen bedeutet. Leider wird hierbei vernachlässigt, dass das Meistern des gesamten Promotionsablaufs die eigenen Organisationsfähigkeiten in hohem Maße auszeichnet. Wer über die Jahre nicht nur das gewählte Thema beherrscht, sondern nebenbei die Arbeitsintensität in das eigene Leben integriert bekommt, der darf wahrlich stolz sein.

Bevor ihr euch in das Abenteuer der Promotion stürzt, ist also ein intensiver Denkprozess vorzuschalten. Seid ihr bereit, die wissenschaftliche Laufbahn einzuschlagen? Wie viel Zeit wird die Promotionsphase in Anspruch nehmen? Wie kommt ihr finanziell über die Runden? Und überhaupt: wie wird eure Situation danach aussehen – wie alt werdet ihr sein, wie stehen die Berufsaussichten?

Die erste Planungsphase
Es gibt prinzipiell zwei Arten der Promotionsphase: die traditionelle Promotion und die strukturierten Promotionsprogramme. Ersteres Modell wählen in Deutschland über 90% der Promovierenden, jedoch nehmen die strukturierten Programme immer stärker zu. Dazu zählen Graduate Schools, Promotionskollegs oder Graduiertenzentren. Diese Programme zeichnen sich durch flexible Zulassung für ausländische Bewerber, ein hohes Maß an Englischsprachigkeit, Promotion im Team, einen starken Austausch mit anderen Doktoranden und Betreuern sowie einer intensiven Betreuung in institutioneller Verantwortung der Hochschule aus. Bei den Graduiertenkollegs der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) etwa dauert die Promotion maximal drei Jahre, mit Stipendien von minimum 1.000€ monatlich. Dementsprechend hoch sind die Anforderungen an die Bewerber, die bei Erfolg in kleinen, erlesenen Gruppen arbeiten und auf einen renommierten Titel hinarbeiten. Wir wollen uns jedoch auf das traditionelle Modell konzentrieren.

Ohne ein Thema geht natürlich nichts. Im Idealfall ist euch auf eurem bisherigen akademischen Weg eine Fragestellung untergekommen, die sich zur intensiven Betrachtung eignet. Diese soll selbstverständlich den Aufwand, den ihr betreiben müsst, wert sein, sprich: sie muss euch die Möglichkeit geben, neue Erkenntnisse hervorzubringen, die originell sind und wissenschaftliche Relevanz beinhalten. Für die Themensuche rät der Diplom-Sozialwissenschaftler Hergen Hillen (www.lektorenfabrik.de) : „Das zu bearbeitende Thema sollte für das Fachgebiet neue Erkenntnisse liefern und unter den vorgegebenen Rahmenbedingungen realisierbar sein. Eines der größten Probleme bei der Themenfindung ist die häufig zu beobachtende Absicht, das Thema möglichst breit anzulegen und später den Blick für das Wesentliche zu verlieren. Es besteht die Tendenz, ‚die ganze Welt erklären zu wollen‘ und sich dabei auf Allgemeinplätze zu verlieren“.

Es dürfte allgemein bekannt sein, dass neben dem Thema auch eine Person existieren muss, die eure Arbeit betreut und euch auf eurem Weg begleitet – der sogenannte Doktorvater, respektive Doktormutter. Diese Ausdrücke zeigen bereits recht deutlich, dass das Verhältnis zum Doktoranden nicht gerade unpersönlich sein soll. Die Wahl ist daher von enormer Bedeutung, nicht bloß aufgrund der Tatsache, dass diese Person eure Arbeit letztlich bewertet. Automatisch sollte auch ein Standortwechsel in Betracht gezogen werden. Es hilft nicht, mit Blick op d’r Dom die Dissertation zu verfassen, wenn euer Doktorvater nicht die ausreichende Qualifikation hat, euch konstruktiv zu unterstützen. Ebenso wenig ist euch geholfen, dem Mentor nachzueifern und dabei die eigenen Stärken oder Ideen zu vernachlässigen. Bei der Suche solltet ihr also auf die fachliche Kompetenz achten und auf die menschliche – ratsam wäre bspw., Kontakt mit früheren Promovierenden aufzunehmen, wenn möglich.

Die Promotionsordnungen
In Deutschland gibt es keinen rechtlichen Anspruch auf ein Promotionsverhältnis. Die Voraussetzung ist zunächst, dass ihr die Anforderungen aus der Promotionsordnung eurer Hochschule erfüllt. Jede Fakultät hat ihre eigene Promotionsordnung, dementsprechend ist ein Blick in die für euch relevante wichtig. Die Sporthochschule und die Uni Köln bieten insgesamt über 70 Promotionsmöglichkeiten, grundsätzliche Voraussetzung für die Promotion an der Uni ist ein Studium von mindestens acht Semestern mit abschließender Prüfung und in der Regel einer wissenschaftlichen Arbeit.

An der SpoHo sind ebenfalls mindestens acht Semester Pflicht, sowie logischerweise eine bestandene Abschlussprüfung in Sport bzw. Sportwissenschaft. Semester und Leistungen aus vorhergehenden Studien, auch an anderen Hochschulen, können angerechnet werden. Die Doktoranden nehmen vier Semester lang an dem Promotionsstudium teil.

Fachhochschulen besitzen kein Promotionsrecht, dieses ist noch den Universitäten vorbehalten, die sich hierdurch von den FHs absetzen können. FH-Absolventen müssen sich demnach gemeinsam mit ihrem Doktorvater an einer Uni umschauen, um einen Kooperationspartner zu finden. Jedoch ist dies mit einigen Komplikationen verbunden, da die Anerkennung des Abschlusses an bestimmte Bedingungen geknüpft sein kann. Dies ist abhängig von Uni und dem jeweiligen Fachbereich. Wer nähere Informationen zu der Thematik haben möchte, sollte unter www.fachhochschulen-nrw.de vorbei schauen, dort gibt es eine eigene Broschüre „Promotion von Fachhochschulabsolventen in NRW“ zu bestellen, für 3,80€.

Die Finanzierung
Doktoranden zahlen keine Studiengebühren – das ist schon mal etwas, immerhin handelt es sich hier um eines der großen Streitthemen der Bildungspolitik. Dennoch ist es klar, dass damit noch längst nicht die Finanzierung der gesamten, langjährigen Promotion gerettet ist. Häufig verdienen sich Promovierende in Form einer wissenschaftlichen Mitarbeit an der Universität etwas dazu. Aus dem gewöhnlichen Studienalltag nehmen auch Viele ihren Nebenjob mit in die Promotionsphase. Aber es gibt auch die Möglichkeit eines Stipendiums, um finanziell über die Runden zu kommen.

In Deutschland existieren zahlreiche Stiftungen, die Stipendien für den Weg zum Doktortitel anbieten. Um sich für solch eine Förderung zu bewerben, ist es in jedem Falle notwendig, dass die Zusage des Doktorvaters vorliegt und das Promotionsvorhaben feststeht. Beispiele sind hierfür die Studienstiftung des Deutschen Volkes oder die Gerda Henkel Stiftung. Einen ersten Überblick bietet euch der Deutsche Bildungsserver (www.bildungsserver.de). Einige spezielle Stiftungen haben gesonderte Aufnahmebedingungen, wie bspw. die Konfessionszugehörigkeit oder soziales Engagement, oftmals werden auch Altersgrenzen gesetzt. Wer trotz Stipendium einem Nebenjob nachgeht, sollte sich darüber informieren, inwieweit dies die Unterstützung reduzieren könnte.

Die Arbeit an der Arbeit
Wer im Laufe des Studiums Referate gehalten, Hausarbeiten geschrieben oder sogar schon die Anschlussarbeit hinter sich gebracht hat, steht natürlich ncht ganz ohne Erfahrung da – dennoch ist die Arbeit an einer Dissertation eine Liga für sich. Hergen Hillen hat dank 14 Jahren Berufserfahrung als Lektor und Berater von Doktoranden und Studenten einige wichtige Tipps für die ersten Schritte – wie etwa das Erstellen eines Zeitplans. „In Bezug auf die Zeitplanung gilt es zu berücksichtigen, dass neben der Doktorarbeit noch andere Verpflichtungen bestehen. Dazu gehören ein intaktes Privatleben, die berufliche Tätigkeit bzw. ein Studentenjob, Erholungstage und Freizeitgestaltung. Alle diese Aktivitäten sollten für die Zeitplanung berücksichtigt werden. Doktoranden, die ihre Arbeit nebenberuflich schreiben, sollten von einem Zeitraum von mindestens drei bis fünf Jahren ausgehen, bis die Arbeit fertig ist. Grundsätzlich gilt, sich zum Ende der Bearbeitungsphase eine Kernzeit freizuhalten, in der es nur noch um die Arbeit geht: bei Doktorarbeiten je nach Umfang etwa vier bis acht Wochen“. Die eigentliche Arbeit beginnt im Optimalfall schon weit vor der Anmeldung zur Promotion: „Wichtig ist es, die Arbeit erst dann offiziell anzumelden, wenn eine Literaturrecherche erfolgt ist, die Gliederung steht, die Forschungsmethode festgelegt ist und vielleicht schon ein Teil der Arbeit geschrieben worden ist. Seltene Literatur sollte schon frühzeitig über Fernleihe oder Antiquariate besorgt werden. Bei empirischen Untersuchungen sollte schon vor der Anmeldung der Fragebogen fertig gestellt und mindestens der Pretest mit Interviewpartner durchgeführt worden sein“. Die generelle Zeitplanung sieht Hergen Hillen als von den individuellen Gewohnheiten abhängig: „Als Faustregel gilt, dass jeweils ein Drittel der Zeit für die Planung – d.h. Literaturrecherche, Lesen, Interviews durchführen usw. – , für die Fertigstellung der Rohfassung und für die Überarbeitung, sprich: Nachrecherche, Lektorat, Umformulierungen usw. einkalkuliert werden muss“.

Ohne Gegenlesen geht nichts – das hat sicher jeder eingesehen, der schon einmal bei einer Hausarbeit trotz mehrmaligen Korrekturlesens letztlich doch noch Rechtschreibfehler angestrichen bekam. Dazu Hergen Hillen: „Es mag banal klingen, aber es ist bereits ein Unterschied, ob die Arbeit vom Autor am Bildschirm oder auf Papier lektoriert wird. Ich empfehle, dass der Autor die Arbeit vor dem Abgabetermin mindestens einmal in einem Durchgang auf Papier liest, da sich Text auf diese Weise besser erfassen lässt. Es schadet nicht, in Zweifelsfällen auf den Duden zurückzugreifen“. Jedoch reicht es wie erwähnt oftmals nicht, die Arbeit nur alleine gegen zu lesen. „Es ist wichtig, sich rechtzeitig um Unterstützung zu bemühen, mit der sich die einzelnen Kompetenzbereiche abdecken lassen. Es kann sehr hilfreich sein, einem interessierten Laien die Arbeit zum Gegenlesen zu geben, um zu klären, ob sie verständlich geschrieben ist. Dazu gehören Familienmitglieder und Freunde, die vor allem eine Hilfe für das stilistische Lektorat und für die Prüfung von Rechtschreibung, Grammatik und Interpunktion sind. Für die inhaltliche und wissenschaftlich-methodische Überprüfung sind eher Kommilitonen und Absolventen aus dem eigenen Fach geeignet, die aber die notwendige Distanz und Objektivität mitbringen sollten“.

Wie eingangs erwähnt, ist es das Ziel einer Dissertation, ein von der Wissenschaft vernachlässigtes Thema zu bearbeiten, um der Forschung neue Impulse zu liefern. Diesen Umstand sollte man sich als Doktorand stets vor Augen führen. Hergen Hillen hierzu: „Vielen bereitet es Schwierigkeiten, die Arbeit zu einem eigenständigen Ergebnis zu führen. Die Studierenden flüchten sich häufig in Rechtfertigungen, dass ihr Betreuer ein anderes als das in der Arbeit abzusehende Ergebnis erwarten würde. Außerdem fehlt der Mut, trotz der anders lautenden empirischen Befunde in der eigenen Arbeit der herrschenden Literatur zu widersprechen. Eine innovative und bemerkenswerte Arbeit entsteht aber erst, wenn sich die Studierenden über diese Bedenken hinwegsetzen. Ein Betreuer lässt sich nur von einer wissenschaftlichen Arbeit begeistern, wenn er etwas Neues präsentiert bekommt. Also keine falsche Scham vor der eigenen Wahrnehmung. Viele Studierende und Doktoranden sind die besten Experten auf dem bearbeiteten Themengebiet“.

Die Publikation
Eine Promotion gilt dann als abgeschlossen, wenn die Dissertation der wissenschaftlichen Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Details zur Veröffentlichungspflicht müsst ihr eurer Promotionsordnung entnehmen. Hier wird auch geklärt, welche Fristen einzuhalten sind, sowie wie viele Exemplare wo abzugeben sind. Wer seine Dissertation in einem Verlag veröffentlichen will, sollte direkt nach der Abgabe Angebote einholen und mit den Verlagen in Kontakt treten. Oftmals ist hierbei eine Kostenbeteiligung notwendig.

Buchtipp:
Wenn ihr nähere Informationen zu der Publikation einer Dissertation wünscht, empfehlen wir euch folgenden Titel: „Wie veröffentliche ich meine Doktorarbeit?“ von Kai U. Jürgens, erschienen im Verlag Ludwig. Das Buch gibt einen Überblick zu den verschiedenen Publikationsformen, der Wahl des Verlags, der Buchausstattung u.v.m.

(Foto: iStockphoto / RichVintage)

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